Unter einem Weinberg im Ahrtal ist er versteckt - der frühere atomsichere Bunker der Bundesregierung. Vor 26 Jahren ging Willy Wimmer schon einmal durch diese Schleuse – er vertrat den deutschen Verteidigungsminister bei einem NATO-Manöver unter Kriegsbedingungen.
Geübt wurde der Atomkrieg in Deutschland – mit Beteiligung der Bundeswehr. Ziel der Atomschläge: auch Städte in der damaligen DDR. Wimmer, damals Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, war über das Kriegsszenario entsetzt.
Wimmer brach für die Bundesregierung das Manöver ab – mit Zustimmung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl.
Bis heute üben deutsche Tornado-Piloten regelmäßig mit Attrappen amerikanischer Atombomben. Sie sollen im Kriegsfall diese Bomben ins Ziel lenken. „Nukleare Teilhabe" heißt das im NATO-Deutsch - und das trotz eines Atomwaffenverbots für deutsche Soldaten.
Der Atomwaffensperrvertrag und diese Dienstanweisung regeln eindeutig: Deutschen Soldaten ist es verboten, atomare Waffen einzusetzen. Das wird durch die „Nukleare Teilhabe" unterlaufen.
Ein Werbefilm über die B 61, die taktische US-Atombombe, die auch in Deutschland stationiert ist. Sie hat die vierfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe.
Bundeswehrstandort Büchel. Hier lagern seit Jahrzehnten rund 20 amerikanische Atombomben. Um die Friedensbewegung ist es stiller geworden. Pfarrer Rainer Schmid hält eine Mahnwache in Büchel ab, unterstützt von engagierten Bürgern wie Elke Koller.
Elke Koller erfuhr vor 15 Jahren, dass vor ihrer Haustür Atomwaffen stationiert sind. Seither kämpft sie für den Abzug der Nuklearbomben.
2009 versprach die schwarz-gelbe Bundesregierung den Abzug der Atombomben aus Büchel, schrieb es sogar in den Koalitionsvertrag – es war eine Kernforderung der FDP im Wahlkampf.
Der Bundestag forderte 2010 mit parteiübergreifender Mehrheit das Kabinett Merkel-Westerwelle auf, sich „im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen."
Doch Kanzlerin Merkel hintertrieb offenbar den Beschluss von Koalition und Bundestag.
November 2009 – US-Botschaft Berlin. Dort trifft Merkels Sicherheitsberater den US-Botschafter. Der Deutsche beruhigt den Amerikaner: Merkel wolle gar keinen Abzug der Atomwaffen.
Der Botschafter berichtet umgehend der US-Regierung in einem vertraulichen Telegramm.
Die Atomwaffen blieben in Büchel – bis heute. Wir fragen nach, warum Merkel den Koalitions- und Bundestagsbeschluss nie umsetzte. Ein klarer Bruch des Koalitionsvertrages von 2009.
Testabwurf der neuen Atombombe B 61-12 vor wenigen Wochen in Nevada, USA. Die Waffe hat ganz neue Qualitäten. Für Experten steht fest: Das ist eine verdeckte atomare Aufrüstung.
Die Kanzlerin will etwas mit den USA besprechen, was offenbar längst beschlossene Sache ist – die Stationierung neuer Atombomben in Deutschland.
Denn im aktuellen US-Verteidigungshaushalt steht: Die modernen Bomben vom Typ B 61 sollen ab dem 3. Quartal 2015 in die deutschen Tornado-Jagdbomber in Büchel integriert werden, Fachbezeichnung PA-200.
Im Klartext: Neue, noch gefährlichere amerikanische Atombomben sollen nach Büchel kommen und würden im Kriegsfall von deutschen Tornados ins Ziel gelenkt.
Im Frontal 21-Interview äußert sich jetzt zum ersten Mal eine Sprecherin der russischen Regierung zur Modernisierung von US- Atomwaffen in Deutschland. Sie sieht darin eine Eskalation im West-Ost Verhältnis.
Auch der konservative Verteidigungspolitiker Willy Wimmer fürchtet, dass die Stationierung der neuen Atombomben die Spannungen zwischen NATO und Russland verschärft.
Quelle: ZDF 22.09.2015, Neue US-Atomwaffen in Deutschland - Verschwiegene Aufrüstung